Aktuell sind zwei Beiträge vom Mediendidakter Michael Kerres sowie der Autor:innengruppe aus dem AEDiL-Projekt erschienen, in denen es darum geht, welchen Einfluss die Pandemie auf die (deutsche) Hochschullehre langfristig hat.
Kerres sieht die “Gefahr”, dass es nach der Pandemie doch wieder relativ rasch zurück zu gewohnten Mustern in der Hochschullehre gehen könnte. Wörtlich schreibt er:
“Letztlich bleibt weitgehend offen, was nach der Pandemie passiert. Möglich erscheint gleichermaßen, dass die Lehrenden an Hochschulen zu einem “tradierten” Muster zurückkehren. Möglich erscheint auch, dass Hochschullehrende und Studierende sich dafür einsetzen, dass über die Entwicklung von Lehre weiter nachgedacht wird und die Erfahrungen von Corona aktiv in einem Prozess der Studienreform aufgegriffen werden.”
Er hebt hervor, dass es zukünftig nötig ist, Veränderungen in der Hochschullehre als kreativen Gestaltungsprozess aufzugreifen, in welchem nicht nur bestehender Unterricht in digitaler Form angeboten wird, sondern die Frage nach didaktischen Innovationen im Vordergrund stehen soll.
Eine Gruppe von 16 Hochschullehrenden, -didaktikerinnen und -didaktikern reflektiert wiederum im AEDiL-Projekt das Thema Hochschullehre in Zeiten der Pandemie. Ausgangspunkt bildet die Beobachtung, dass in der Diskussion, wie es mit der Hochschullehre weitergeht, vor allem der Ruf nach Präsenzlehre zu hören ist.
“Durch das Narrativ der Präsenzhochschule wird eine verkürzte Perspektive auf das, was gute Lehr-Lernsituationen auszeichnet, tradiert, statt diese aufzubrechen.“
Sie heben dabei hervor, worin mitunter der grosse Gewinn in der pandemiegeprägten Semester lag:
“Routinen wurden durchbrochen und neue Lehr-, Lern- und Beratungspraktiken entwickelt (Autor:innengruppe AEDiL 2021). So haben Lehrende z. B. zu Beginn einer Veranstaltung begonnen, nicht nur das Vorwissen der Studierenden zu erfragen, sondern auch deren technische Ausstattung. Gleichsam wurde das Thema körperliche und psychische Gesundheit verstärkt Teil der Lehrgestaltung, um die neuen Anforderungen, die durch die Teilnahme an einer Online-Veranstaltung entstanden sind, zu beachten. Was bislang nicht oder nur wenig die eigene Lehrplanung beeinflusste, wurde selbstverständlich. Diese Selbstverständlichkeiten und ihren Wandel wahrzunehmen, stellt unserer Meinung nach eine Lerngelegenheit dar, die zu versäumen ein großer Verlust für das Hochschulsystem und seine Mitglieder wäre.“
Es wird in der spannend sein, wie sich die Hochschullehre weiter entwickeln wird. Vor dem Hintergrund der vielfach dokumentierten guten Praktiken (z.B. vom Hochschulforum Digitalisierung), ist zu hoffen, dass davon auch in Zukunft etwas bleibt.